Cookie Consent by Privacy Policies Generator website Einstellungen ändern
Bilderstrecke
Erste Sesshins im Daishin Zen Kloster und Seminarzentrum

Eine Vision ist lebendig geworden

- die ersten Zen-Seminare im Daishin Zen Seminarzentrum Buchenberg

Angekommen. Zwischen Wäldern und Kühen, inmitten von Stille und Kraft. Als der Taxifahrer die Fahne mit den japanischen Schriftzeichen im Herbst-Wind flattern sieht, glaubt er endlich, dass man in seiner Heimat tatsächlich traditionell japanisches Zen üben kann. „Soso. Und was machen sie jetzt hier eine Woche lang?“ fragt er noch, ernsthaft interessiert. „Meditieren, spazieren, Freunde treffen, Kraft tanken – und das Gefühl genießen, zu Hause zu sein!“

Auf dem 30.000 qm großen Grundstück in Buchenberg mitten in einer hügeligen Allgäu-Idylle hat der Zen-Betrieb seit Oktober richtig begonnen. Rund 30 Teilnehmer waren zu dem Yin-Zen-Wochenende angereist und etwa ebenso viele zum ersten traditionellen 7-Tage-Sesshin im Kloster. Als Zen-Meister und nun Abt Hinnerk Polenski während des Herbst-Sesshins 2013 im Osterberg-Institut verkündete, dass das Daishin Zen seine Heimat im Allgäu gefunden hat, klang das wundervoll. Aber auch unwirklich. Es hörte sich damals noch mehr nach einem nicht greifbaren Luftschloss an, als nach einem realen Ort. Eine Vision, die Hinnerk schon lange in sich trug, sollte Wirklichkeit werden und sich Stück für Stück entfalten. Dass tatsächlich schon ein Jahr später die ersten Seminare starten, ist eine enorme Leistung aller Beteiligten – und zeigt, wie viel Kraft in dem Kloster-Projekt steckt.

Jetzt schon gibt es Zendo, Dokusan-Raum, Seminarräume und Gäste-Häuser mit komfortablen Zimmern in verschiedenen Stilen: Traditionell gemütlich bayerisch oder modern-knallfarben-großzügig. Doch magische Anziehungskraft hat der grüne Hügel hinter den Gebäuden. Mit etwas Vorstellungskraft baut sich auf der kahlen Wiese schon innerlich der Kloster-Teil im traditionell japanischen Stil auf: Die Rottach, der kleine Bach, der das Grundstück durchquert, soll in Zukunft einen kleinen See mit Wasser speisen. Daneben stehen dann das Zen-Meister Haus, eine Zendo und die Hondo, die große Meditationshalle. Besonders wichtig sei der See, der die nötige Yin-Energie an diesen sehr kraftvollen Ort bringen wird – betonte Hinnerk bei einer gemeinsamen Begehung des Klosters, bei der er seine Vision teilte. Den Übergang zwischen dem Kloster und dem Seminarzentrum wird mal ein großes Tor in traditioneller Bauweise bilden. Damit entsteht ein abgeschlossener Bereich, das innere Kloster.

Betritt man den Hügel, der bereits von Hinnerks Lehrer Reiko Mukai Roshi im August geweiht wurde, spürt man, warum Hinnerk diesen Ort nur einmal auf- und abschreiten musste, um voller Kraft zu verkünden: „Das ist es!“ Steht man nun selber auf dieser Erde, die Füße sinken fest in den schlammigen Untergrund, der Wind trägt Tannenduft, die Vögel singen in die Stille, erinnert man sich an Hinnerks Worte über seine Vision. Sie durchfahren den ganzen Körper: „Ihr könnt als Schüler diesen Ort betreten und wisst, es ist Euer Ort. Eine Heimat für Euch, wo Ihr verweilen könnt und in tiefe Selbstheilung kommt.“ Und tief im Herzen piekt die freudige Gewissheit: Der Weg des Schülers bekommt jetzt eine andere Dimension. „Schüler zu sein bedeutet, nach Hause zu kommen in einer Welt, deren Werte und Orientierung zerfallen in einem Strudel von Energie, Zerstreuung und Verstrickung.“

Trotz der Sesshin-Premiere verlief fast alles schon so, als wären wir, die Sangha, hier schon länger zu Hause. Die Zendo war schnell eingesessen. Die frische Energie war spürbar, der Geruch der neuen Tatamis erinnerte an den Neubeginn. Über jedem Anfang liegt ja ein kleiner Zauber – und der war während des Sesshins immer wieder spürbar: Als der offene Kamin in der Lounge angefeuert wurde, als wir im Einklang Qi Gong auf der Sonnenterrasse übten, als wir beim ersten Kinhin des Tages in den klaren Sternhimmel schauten, als das Abendrot in die Zendo leuchtete, als plötzlich fröhliches Lachen in der Gruppe ausbrach, als unser Zen-Meister liebevoll und voller freudigem Elan den Speisesaal mit einem japanischen Wandbild dekorierte.

Manchmal war der Schwung auch etwas übermütig: So zerbrach der Han (das Schlagbrett zum morgendlichen Wecken) durch einen kraftvollen Schlag in zwei Teile. Beim Erkunden der Spazierwege rund um das Gelände verirrten sich ein paar Teilnehmer, abgelenkt von der Natur. Doch auch ohne Karte fanden Sie den Weg zurück zum Kloster. In der Küche suchte man noch nach einem passenden Weg, zwischen Miso-Suppe und Allgäuer Käse. Ja, und sicher müssen sich die Kühe auch noch daran gewöhnen, dass hier ab sofort auch andere „Muuuuu“ machen und mit zitternden Knien im „Pferd“ (eine beliebte Qi Gong-Übung) vor ihnen in der Landschaft stehen.

Das Wetter spielte während der einen Woche schon einmal wie bei einer Generalprobe alle Jahreszeiten durch: Die ersten Tage strahlte es leicht und freudig-warm vom Himmel, dann zog der Wind an und es schneite plötzlich. Temperatursturz. Zum Höhepunkt des Sesshins donnerte und blitzte es draußen kraftvoll während wir bis tief in die Nacht saßen. Am Ende legten sich Sturm und Eiszeit, es blieb ein mildes, ruhiges Herbstwetter. Zum Abschied zeigte sich wieder die Sonne. Passender hätten die einzelnen Phasen der intensiven Meditationstage nicht begleitet werden können.

Tag um Tag ist ein guter Tag. Das Gras ist grün, der Himmel ist blau. Und der Weg ist immer noch derselbe, doch er hat nun ein stabiles Fundament bekommen. Das Kloster bleibt das ganze Jahr über eine fest installierte Kraft-Tankstelle. Nach dem Sesshin fährt kein weißer Laster vor den Eingang, um Matten und Bänkchen einzuladen. Man springt ins Taxi zum Bahnhof in Kempten mit dem beruhigenden Gefühl: Die Energie, die wir hier angesammelt haben, bleibt. Von nun an wird nicht mehr abgebaut, sondern nur noch aufgebaut.