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Zen-Meister Reiko Mukai Osho und Hinnerk Syobu Polenski

Meister Reiko Mukai:
Vertraue Dir selbst und folge deinem eigenen Weg

„Hinnerk, wenn es im Gebälk knirscht und knackt, dann springe unbedingt links aus dem Fenster – egal, ob du es vorher aufmachst oder nicht.“ Eindringliche Worte von Zen-Meister Reiko Mukai. Ich war zum ersten Mal in seinem Tempel Syoko-ji, und richtete mein Nachtlager her, als seine Warnung mich aufblicken ließ. Da erst fiel mir auf, dass der alte Tempel leicht schräg stand. Offensichtlich Einsturzgefahr als Folge eines Erdbebens. Ko-San vermutete wohl mit Recht, dass er irgendwann einmal einstürzen würde. Vor diesem Hintergrund, war allein die Übernachtung in dem Tempel schon eine gute Zen-Übung.

Das war 1992. Erst achtzehn Jahre später, im Mai 2010, wurde dann ein neuer Tempel eingeweiht. Finanziert wurde der Umbau aus Spendengeldern u.a. von Familienmitgliedern des Tempels. Im Jahr zuvor war der alten Tempel abgetragen und in dem Stil wieder aufgebaut worden, in dem seit Jahrhunderten japanische Tempel und Häuser gebaut werden: Gänzlich aus Holz mit großen Balken und ausladenden Dächern. Der Tempel Syoko-ji steht in der Nähe der „Stadt der Musik“, wie Hamamatsu wegen seiner zahlreichen Fertigungsstätten von Musikinstrumenten auch genannt wird, und ist der Heimattempel meines Lehrers, des Zen-Meisters Reiko Mukai Osho.

Ein tiefes Verhältnis zwischen Meister und Schüler

Reiko – dies ist sein Mönchsname, der ihm von Oi Saidan gegeben wurde – wurde 1947 geboren. Er studierte Soziologie und Zen-Philosophie.

1965 starb sein Vater; dieses Erlebnis öffnete ihn besonders für die Texte von Meister Rinzai (Rinzai-Roku). Der "Mensch ohne Rang und Namen" wurde für ihn zum Leitbild seines Lebens.

1967, während seines Studiums, begegnete er seinem späteren Meister Oi Saidan Roshi zum ersten Mal. Dieses Treffen änderte sein Leben entscheidend. Oi Saidan Roshi zeigte ihm den Weg des traditionellen Zen, den beide seitdem zusammen gehen. Als Konsequenz daraus wurde Reiko neun Jahre später selber Zen-Mönch.

Ich kenne kaum ein so tiefes und anrührendes Verhältnis zwischen Zen-Meister und seinem Schüler wie das zwischen Oi Saidan Roshi und Reiko, der seit 1983 Osho, also Tempelpriester, und Lehrer am Hoko-Ji, dem Kloster und der Schule von Oi Saidan Roshi, ist. Als authentischer Rinzai-Meister bezeugt er heute immer wieder dieses außergewöhnliche Verhältnis zwischen Meister und Schüler: Auf der einen Seite die vollendete Freiheit, wie sie von Meister Rinzai – dem Begründer des Rinzai-Ordens – gefordert wird, und auf der anderen Seite eine tiefe Verbundenheit und Gefolgschaft gegenüber dem Meister, die weit über die eigene Meisterschaft hinaus geht.

Oi Saidan Roshi, der Abt des Hoko-Ji Klosters ist mittlerweile 97 Jahre alt, und bildet immer noch junge Mönche aus. Er ist der Inbegriff des klassischen Rinzai-Meisters so, wie er schon seit Jahrhunderten für tausende von Menschen ein großartiges Vorbild ist.

Dem alten Weg folgend, für das Neue offen

Diesem Vorbild gleicht Reiko Mukai Osho heute selbst. So ist er auch für mich ein Ideal. Auf der einen Seite folgt er dem alten Weg, auf der anderen Seite entwickelt er durch seine Offenheit einen modernen, neuen Zen-Weg. Vor diesem Hintergrund und als logische Konsequenz entstand in den Jahren zwischen 1994 und 1998 der Daishin Zen Weg als eine Brücke zwischen östlicher Weisheit und westlichem Geist. Da Reiko Anfang der 90er Manager des Zen Training Centers für Führungskräfte in Oyama in der Nähe des Klosters wurde, war er auch ein Vorbild und Impulsgeber für die Zen-Linie für Verantwortungsträger, Zen Leadership, im Daishin Zen.

In erster Linie steht Reiko Mukai Osho für den klassischen Rinzai-Mönch, wie dieser seit Jahrhunderten in Zen-Geschichten beschrieben wird. Gleichzeitig aber ist er auch ein moderner, spiritueller Meister, der als Mönch in seinem Tempel Syoko-ji mit seiner Familie lebt. Seine Kinder studieren mittlerweile in anderen japanischen Städten. Auf diesem Weg bleibt er, der Meister und Vater, offen für moderne Ideen und Impulse.

„Trust yourself and follow your own way“ („Vertraue Dir selbst und folge deinem eigenen Weg“) ist sein steter Leitsatz, der für ihn selbst, aber auch als Aufforderung für die Menschen um ihn herum, gilt. Damit bezeugt er die leuchtende Freiheit des Begründers der Rinzai–Linie selbst:

Vollendete Freiheit.