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Teisho Dezember 2015 - Rinzais Erleuchtung

Zen-Meister Hinnerk Polenski

Teisho (Vorträge) gehalten auf den Daishin Rinzai Rohatsu Sesshin, Dezember 2015

Teisho Dezember 2015 - Rinzais Erleuchtung

1. - Die Geschichte

2. - Auslegung

3. - Nachwort

1. - Die Geschichte

Als Rinzai noch neu in der Mönchsgemeinde von Meister Obaku ist, zeichnet er sich durch ein Verhalten von Disziplin, Einfachheit und Direktheit aus. Der Mönchsvorsteher lobte ihn und sagte: Obwohl er ein neuer Mönch ist, unterscheidet er sich doch schon ziemlich von allen anderen. Eines Tages fragte er: Wie lange bist du schon hier?

Rinzai sagte: 3 Jahre.

Hast du denn schon einmal unserem Meister vorgesprochen?

Rinzai: Noch nicht. Ich weiß nicht, was ich ihn fragen soll.

Da sagte der Mönchsvorsteher: Warum gehst du nicht zu unserem Meister und fragst ihn nach dem Kern der Buddha Lehre.

Rinzai tut dies.

Eh er jedoch seine Frage vortragen kann, schlägt ihn der Meister.

Rinzai geht wieder. Als ihn der Mönchsvorsteher fragt, wie die Unterredung gelaufen ist, sagt er: Noch eh ich zu sprechen anfing, schlug mich der Meister.

Der Mönchsvorsteher sagte: Geh einfach hin, versuchs noch einmal.

Rinzai tut dies. Wieder schlägt ihn Obaku. Und dieses geschieht dreimal. Rinzai geht zum Mönchsvorsteher und sagt: Du warst sehr freundlich zu mir, mich zum Meister zu schicken, damit ich ihn fragen konnte. Drei mal fragte ich ihn, dreimal schlug er mich. Ich fürchte, ich bin blockiert durch vergangenes Karma und verstehe nicht die Absicht des Meisters. Für dieses Mal habe ich genug. Ich werde das Kloster verlassen. Da sagte der Mönchsvorsteher: Wenn du gehen möchtest, dann musst du dich vom Meister verabschieden. Das ist bei uns so üblich. Rinzai verspricht es. Sogleich begibt sich aber ganz schnell der Mönchsvorsteher zu Obaku und sagt: Der junge Mönch, der zu dir kam und dich befragte, ist wirklich geeignet für das Dharma. Wenn er kommt, um sich zu verabschieden, gib ihm eine Chance, hier zu bleiben. Rechtzeitig eingepflanzt, sagte der Mönchsvorsteher weiter, wird er zu einem großen Baum werden, der allen Wesen und Menschen Schatten spenden wird.

Als Rinzai kommt, um sich zu verabschieden, sagt Obaku: Du musst nirgendwo anders hingehen, sondern zu Daigu, der in der Nähe wohnt. Er wird es dir erklären.

Rinzai geht zu Daigu und der fragt, woher er kommt. Und er sagt: Von Obaku. Und was hat dir Obaku zu sagen?

Rinzai: Ich fragte ihn dreimal nach dem Kern der Buddha Lehre und dreimal schlug er mich. Ich weiß nicht, was ich falsch gemacht habe.

Daigu: Obaku hat sich wie eine gute, gütige, alte Großmutter verhalten und dich von allen Sorgen befreit. Nun kommst du auch noch hierher und fragst mich, ob du etwas falsch gemacht hast oder nicht.

Während Daigu so spricht, erfährt Rinzai das große Erwachen. Und sagt: Nach all dem gibt es kein größeres Buddha Dharma als das von Obaku.

Da packt ihn Daigu und sagt: Du kleiner Teufel, du Bettpisser, du kommst hierher und behauptest, nicht zu wissen, ob du einen Fehler gemacht hast oder nicht. Nun erzählst du mir so etwas, dass es für dich nichts Größeres gibt als Obaku? Buddha Dharma? Was hast du erkannt? Sprich. Schnell.

Rinzai gibt ihm, während Daigu ihn noch festhält, dem alten Meister drei Schläge in die Rippe. Daigu lässt ihn los und sagt: Dein Meister ist Obaku. Du hast hier nichts zu tun. Verschwinde.

Rinzai verlässt Daigu und geht zurück zu Obaku. Der bemerkt, als er ihn kommen sieht: Wann wird das kommen und gehen von diesem Kerl endlich aufhören? Kommt und geht, kommt und geht.

Rinzai: Es geschieht nur wegen deiner großmütterlichen Freundlichkeit.

Obaku fragt ihn, woher er gekommen sei.

Rinzai: Am Tag zuvor warst du so freundlich und schicktest mich zu Daigu, damit ich ihn befragen kann.

Obaku: Was hat dir Daigu denn gesagt?

Rinzai erzählte alles, was sich ereignete.

Obaku: Und wie kommt es nun, dass ich mich mit einem Kerl wie dir jetzt hier rumschlagen muss? Ich glaube, ich gebe dir noch einen Schlag.

Rinzai: Was heißt hier warten? Hier hast du es und schlägt wiederum Obaku kräftig.

Obaku: Dieser Verrückte kommt hierher um den Tiger am Bart zu ziehen.

Rinzai stößt ein mächtiges KATS aus.

Obaku ruft: Inji - bring diesen Verrückten in die Mönchsgemeinde. Er soll hier bleiben.

2. - Auslegung

Rinzai ist ein guter Mönch. Drei Jahre ist er erst dabei und erkennt, klar, einfach und direkt ist der Weg. Dennoch ist er ein junger Mönch und wie alle Menschen befangen in seinem Ich, mit großer Sehnsucht nach Freiheit.

Der Kloster-Jikku, der Mönchsvorsteher, ist ein großartiger Dharmafreund - ein Vorbild für uns alle. So wie der Klostervorsteher sollte jeder von euch reagieren, wenn er auf einen anderen Dharmafreund stößt. Voller Güte und Liebe erkennt er, dass dieser junge Mönch kurz davor ist, tiefe Einsicht zu haben. Aber er braucht einen Impuls. Aber er braucht kein Gequatsche. Also sagte er: "Geh mal zu dem alten Meister und frag ihn mal nach der Tiefe und dem Sinn des Buddha Dharma". Das tut er natürlich auch ganz naiv und dann –KATS- Was ist da los?

Obaku in seiner Freundlichkeit - durchschlägt alles. Er tötet Rinzai –SHO!- Der Schlag ist tief und durchtrennt alles. Aber noch sind die Teile zusammen, deshalb versteht Rinzai nicht, was passiert ist. Deshalb geht er zu dem alten Freund seines Lehrers und statt dieser Power öffnet der ein Herz von Güte. Ein Hauch von Kokoro, Güte. Und zeigt ihm was passiert ist. Und auf einmal in dieser Sekunde trennen sich die beiden Teile, die schon durchtrennt sind. Und zwischen beiden –CUT!- Leerheit. Nichts. Tot. Vollkommene Freiheit. - Wunderbar.

Tiefe Erfahrung - gut. Spirituelle Tiefe - gut. Aber wer ein Buddha werden will, stirbt in diesem Leben und wird wiedergeboren als ein Buddha. Wessen Ego aber nicht stirbt, festhält, verstrickt ist, und sei es nur ein Haar, das verbindet, bleibt trotz aller Erfahrung und Tiefe ein Ich - und dieses Ich unterliegt den Gesetzen des Leidens. Nur das Durchtrennen, das vollkommene Nicht-Sein, das vollkommene Nicht-Existieren, Nicht-Buddha, Nicht-Geist, nicht Mensch, nicht Wesen, kein Hören, kein Sehen, kein Fühlen, kein Riechen, kein Schmecken, kein Körper, kein Gefühl, keine Wahrnehmung, keine Willensregung, kein Bewusstsein. –CUT!- Was ist dann? Keine Zeit, kein Raum, kein Ort, –CUT!-

Rohatsu Dai-Sesshin bedeutet nicht Übung mit Erfahrung und Irgendetwas, sondern es ist der Weg der Nichterfahrung. Erfahrung ist Ich. Nichterfahrung ist Ewigkeit.

2. - Nachwort

Wir leben einen Traum mit Tausenden von Wegen, Möglichkeiten, Diskussionen, Verstrickungen. Einen skurrilen Traum, und plötzlich –CUT!- ist der Traum zu Ende. Nur das Wesentliche, nur das Wirkliche, unmittelbar Ewige. Kein Kommen, kein Gehen, kein Sterben, kein Vergehen.

Obaku –CUT!-, –HIT!-, abschneiden.

Versuche mit aller Macht in einen Zustand zu kommen, in dem kein Gedanke mehr aufkommt.

Güte, Liebe, Hingabe, Loslassen. White clouds naturally come and go. Wo ist das Problem?

Weisheit und Herz. Obakus hit, hit, hit – lässt nichts nach außer Weisheit. Was fehlte da noch? Wo sich hier und jetzt offenbart das Nirvana – hier und jetzt ist reines Land und dieser Leib hier ist nichts anderes als Buddha.

Wem nur ein einmaliger Sitz sich vollendet, dem löst sich alles Karma auf, angehäuft in endlosen Leben. (Hakuin Zenji Zazen Wazan).

Wir sind in einem Traum. Wir gehen in die Nacht. Normalerweise gehen wir in die Nacht, um zu schlafen. Von einem Traum in den anderen. Jetzt gehen wir aus einem Traum, fast wie mit einschlafen, HO!.

Die Zendo ist vollkommen leer. Keiner ist mehr hier. Nur der Schneesturm. Keiner ist mehr hier. Nur sitzen. Bodenmatte - sitzen. Wind. Knackende Bohlen. Jeder Augenblick ist Ewigkeit, Ewigkeit ist jeder Augenblick.