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Die acht Jhana-Stufen

Teisho - Zen-Meister Hinnerk Polenski

 

Zazen bedeutet Zen in Sitzen, Zen im Sitzen auf der Matte. Was ist der Sinn des Sitzens auf der Matte? Entspannung, Gelassenheit, in Ruhe kommen, in seine Mitte kommen und so weiter - das ist alles wichtig, aber das sind Nebenwirkungen, das ist nicht das Zentrum. Das Zentrum des Zazen ist die Erfahrung, das Erforschen: Gibt es etwas Absolutes, gibt es etwas, was unbedingt ist?

Wir sind in einer Welt der Bedingtheiten: Wenn ich das tue, passiert jenes. Wir versuchen, Erwartungen zu erfüllen, wir versuchen, strategisch zu handeln, wir versuchen viele Dinge, um die Welt irgendwo unter Kontrolle zu halten, in einer Harmonie zu halten, oder uns durchzusetzen. Wir erleben Millionen von kleinen Bedingtheiten, und die Gesellschaft, unser System, unsere Kultur hat sich immer weiter entwickelt und uns einen Weg gezeigt, wie man sich innerhalb von Bedingtheiten bewegt - mehr oder weniger.

Es besteht jedoch die Frage: „Gibt es etwas Unbedingtes, etwas Absolutes?“ Im Gegensatz zu den Religionen - die einfach sagen, glaube dieses oder jenes, oder hier ist ein Buch, lies das - geht es nicht darum, irgendetwas zu glauben, sondern es geht einzig und alleine um Erfahrung. Wenn also ein Zen-Meister euch dieses oder jenes sagt,, dann ist das für euch nicht relevant. Das einzig relevante ist die eigene tiefe Erfahrung. Selbst das ist noch nicht das, wo wir hinwollen. Hinter der Erfahrung ist immer noch ein Ich: Ich erfahre etwas. Diese Erfahrung kann intensiv sein, aber eine Erfahrung bedeutet nicht immer zwangsläufig eine Transformation. Die Erfahrung ist zunächst ein kleiner Meilenstein, auf dem ich folgende Idee entwickeln kann: Auf dieser Matte gibt es irgendetwas, was man als Weg bezeichnen könnte. Erst einmal sitzt man da, dann tun einem die Knochen weh, der eine langweilt sich, der andere denkt und ist unruhig. Was mache ich hier eigentlich? Ich könnte jetzt auch fernsehen oder etwas anderes tun. Was mache ich hier? Deshalb ist es wichtig, und das ist ein Teil des Daishin Zen, dass wir Meilensteine haben.

Alle drei Meilensteine des Daishin Zen sind immer noch Erfahrungen, sie gehen jedes Mal ein Stück tiefer. Der erste Meilenstein des Daishin Zen ist das Hara, das ist die Erfahrung von Kraft, oder im weiblichen Sinne ist es die Ausdauer und die Kontinuität, auf einer Linie in dieser Welt zu bleiben und diese als geraden Weg auszubauen. Die weibliche Kraft ist Ausdauer, die männliche Kraft ist Fokussierung. Diese Erfahrung nennt man Hara, sie lässt sich leicht in die Welt übertragen.

Der erste Meilensteine ist also Hara, das heißt Kraft, Energie, Fokus – Ki. Das ist die Basis. Hara ist keine wirkliche spirituelle Erfahrung, sondern nur die Erfahrung der eigenen Macht; das Durchbrechen des Gefühls der eigenen Machtlosigkeit. Das Gefühl, dass die Energie überall ist, dass unendlich viel Energie überall im Raum ist hier in diesem Moment.

Die zweite Erfahrung ist die Erfahrung der eigenen inneren Einheit - einen Geschmack von dem zu bekommen, was – europäisch formuliert - das Absolute ist. Asiatisch ist es Leerheit, das ist ein schwieriger Begriff für uns Europäer. Was bedeutet Leerheit? Wenn ich eine volle Tasse Tee habe, kann ich keinen neuen Tee hineingießen; erst wenn diese Tasse leer ist, kann ich neuen Tee einschenken. Wenn dieser Tee Jahrhunderte alt ist, vor sich hin müffelt, dann ist es gut, ihn auszukippen, die Schale auszuspülen und frischen neuen Tee in die Tasse zu füllen. Leerheit ist also die Abwesenheit des Ich. Auch das Christentum lehrt, dass erst wenn das Ich sich hingibt, sich auflöst, dann Gott erst möglich ist. Die Gotteserfahrung, die unio mystica, ist immer nur durch die Öffnung, durch das Bereitsein, durch die Freiheit, durch die Offenheit möglich, nur so kann Gnade entstehen. Das ist in den spirituellen Wegen ein aktiver Prozess, in dem man nicht abwartet, sondern aktiv diesen Weg geht. Der Weg, den wir gehen, ist es, „leer“ zu sein, Leerheit ist: Alles zu sein.

Im Moment sind wir kleine abgeschottete Systeme mit einer Betriebszeit zwischen 50 und 107 Jahren, das ist begrenzt. Dieser Körper wird alt - das ist nun einmal so; das wird in der westlichen Welt als Problem gesehen, im Osten überhaupt nicht. Es ist ein angenehmer Prozess, wenn der Körper älter wird, weil gewisse Kräfte freiwerden, die man normalerweise, wenn der Körper jünger ist, nicht zur Verfügung hat. Das bedeutet: leer zu sein – Shunyata, die Leerheit. Das ist die Erfahrung des Absoluten, ist die Erfahrung über das, was wir „ich bin ich“ und dieses Leben und der Rahmen dieses Lebens mit all seinen Möglichkeiten und all seinem Leid öffnen für etwas Größeres. Das sind erst einmal nur Worte. Heute ist es meine Aufgabe, dass wir hier - ihr - aus diesen Worten eigene Erfahrungen macht, einen eigenen Weg geht, um in diese Tiefe zu kommen.

Der zweite Meilenstein also heißt Samadhi, das ist ein Sanskritwort und bedeutet „Sammlung“. Darunter versteht man den Prozess der inneren Einheit. Wir denken, dass wir Eins sind; wir denken, dass wir ein komplettes Ego sind. Das sind wir aber nicht. Wir bestehen aus vielen Teilen, und je nachdem welcher Knopf gedrückt wird, sind wir dies oder das. Wir sind total nett und freundlich, wenn ich eine gutaussehende Frau sehe und sage: „Hi, Honey“, das ist ein Teil. Oder wenn ein Handwerker nicht aufhört zu bohren, und wir haben ein Sesshin, dann haben wir Stress: „Hey, Alter hör auf!“ So haben wir ganz viele Teile, die uns ausmachen, die auch die Psychologie kennt. Bis zu dem Punkt, dass es Teile gibt, die wir nicht kennen. Viele Dimensionen, die wir sind, sind uns unbekannt und steuern uns. Von Außen kommt ein Impuls, und wir handeln zwanghaft. Das zwanghafte Handeln ist die Ursache für Kriege, Auseinandersetzungen und den ganzen Wahnsinn, den wir auf dem Planeten erleben. Niemand möchte verbrannte Städte und sterbende Menschen oder den Untergang unserer Zivilisation, aber die Zwanghaftigkeit einiger führt einfach dazu, dass man aus solchen Geschichten nicht herauskommt. Die Problematik ist: Wir kennen viele Aspekte unseres Wesens nicht. Es gibt Menschen, die sind Gutmenschen, die haben ihren Hass und ihre Aggression konzentriert im Keller liegen und ab und zu explodieren sie. Es gibt Menschen, die sind ziemlich aggro, die haben einfach ihre Liebe irgendwo im Kühlschrank geparkt. Aber die Liebe ist auch da, alles ist da. Und es gibt Menschen die eher Angst haben, die sich nicht vollständig fühlen. Es gibt Menschen, die einfach Zweifel haben, die keine Erdung haben und so weiter. Samadhi, der erste Schritt, ist die Qualität, mit sich in Einheit zu sein. Das ist eine außergewöhnliche Erfahrung, weil nur wenig Menschen wirklich mit sich in Einheit sind. Es ist mehr als authentisch zu sein. Authentizität ist schon sehr viel, es ist die Erfahrung einer Einheit, Samadhi geht jedoch noch ein Stück weiter.

Ein Modell von Samadhi sind die vier weltlichen und vier überweltlichen Jhana-Stufen. Die vier weltlichen Stufen sind in gewissem Maße der Weg, mit sich selbst in eine Einheit zu kommen. Die überweltlichen sind darüber hinaus ein Weg, in eine Einheit zu kommen mit dem, was Welt ist, also unsere Welt ist. Erster Weg: mit mir in Einheit. Zweiter Weg: die Einheit mit mir und meiner Welt. Wenn ich mit mir und meiner Welt in Einheit bin, dann kann ich mich frei bewe-gen, und das Wort Freiheit leuchtet gleißend hell. Deshalb kann man das asiati-sche nicht übersetzbare Wort „Leerheit“, vielleicht weniger mit „heiliger Geist“ übersetzen, was eine sehr spirituelle und in eine bestimmte Richtung gehende Möglichkeit wäre, sondern am ehesten einfach mit dem Wort „vollendete Frei-heit“.

Der große sechsten Patriarch Huineng sagt: „Frei zu kommen und frei zu gehen.“ Oder „Ich bin niemals gekommen und ich bin niemals gegangen, ich bin nur hier, jetzt hier, kein Gehen, kein Kommen“. Diese Worte bedeuten: keine Unfreiheit aus Vergangenheit und keine Unfreiheit in irgendeine Zukunft, sondern nur: Jetzt. In diesem Jetzt ist das vollkommene Potential. Nur in diesem Jetzt ist das Potential, in dem ich mich vollkommen frei bewegen kann, frei von Leben und Tod. Diese Erfahrung, dieser Rahmen, die Worte und die Bilder, die ich euch ge-be, sind Aufforderungen für euch, ab jetzt gleich - nach dem Vortrag - dahin zu gehen.

Vorher möchte ich euch erzählen, dass Zazen - die Erfahrung des Absoluten, die Erfahrung der Einheit mit sich und die Erfahrung der Einheit mit allem - leicht ist. Es ist deshalb leicht, weil große Meister wie Huineng oder Nagarjuna schon seit 2500 Jahren das Absolute erforscht haben, und sich die Zeit genommen haben zu überlegen: Wie können wir den Menschen einen Weg geben, relativ schnell in diese Erfahrung zu kommen. Eines dieser vielen didaktischen Systeme sind die acht Jhana-Stufen.

Was verhindert diese Einheit, und was hindert unseren Geist daran, sich soweit zu öffnen, dass wir alle gigantischen Informationen, die jetzt da sind, wahrneh-men können? Das ist das Denken, das sich verselbständigt hat. Dieses Denken hat sich mit einem noch älteren Werkzeug, einem reinen Erinnerungssystem, nämlich den Emotionen verbunden. Die Emotion ist ein Memorierungssystem, dass auch konditionierbar ist. Ich kann einen Menschen emotional konditionie-ren, das machen z.B. auch totalitäre Systeme. Wir haben also Systeme in uns, die gewährleistet haben, dass wir bis zum heutigen Tag in die Zivilisation ge-kommen sind. Das ist eine gute Sache, gleichzeitig sind sie jedoch auch Intelli-genz-limitierend. Die Übung geht nun zunächst dahin, in einen Zustand zu kom-men, zu erforschen: Was ist hinter der Wolkendecke von Gedanken und Emoti-onen? Das ist die Forschungsaufgabe für euch. Bislang habe ich euch damit al-leine gelassen. Heute gebe ich euch Hinweise, die in eine bestimmte Richtung auf dieser Forschungsreise führen: Das sind die Jhana-Stufen. Wir schauen uns erstmal die an, die zu einer Einheit mit uns führen.

Die erste Jhana-Stufe ist mit Anstrengung verbunden, die Fokussierung auf ein Objekt und das Verharren auf einem Objekt. Wir lernen also, dass Samadhi erstmal ein didaktisches System ist. Der erste Aspekt, die erste Jhana-Stufe be-deutet: Einspitzigkeit. Das heißt, ich nehme einen Gedanken, ein Übungsobjekt und fokussiere auf diesen und schreibe ihn wie in Stahl. Dazu braucht ihr die richtige körperliche Haltung. Der Körper muss in der richtigen Haltung in Ruhe sitzen, der Geist fokussiert sich auf ein Objekt. Objekte für Samadhi gibt es sehr viele: Atembetrachtung, vierfache Hara-Vertiefung, Samurai-Atmung, Lotus-Übung, Mantren. Was auch immer ihr benutzt, es hat schon eine unterschiedli-che Wirkung. Es gibt einfache Samadhi-Objekte, die schnell in die Tiefe führen. Es gibt schwierigere, aber die dann breiter in die Tiefe führen. Es bedeutet, dass ich für eine Zeit lang mich auf einen Punkt fokussiere. Da gibt es keinen Trick, keinen Tipp, keinen Ausweg, sondern: „Sitting long, and getting tired“. So ist das nun einmal. Wenn ich Kampfkunst trainiere, gibt es immer viele Schüler, die wollen 17 Abwehren und 13 Angriffe und 47 Fußtritte. Mein Lehrer sagt: eine Technik zum Angriff, eine Technik zum Abwehren, fokussiert euch. Ein Fokus, auf einen Punkt, und macht damit eine Erfahrung von Erfolg. Das heißt: Eine Übung, eine Zen-Übung mit der ihr nach vorne kommt ist besser als 20 oder 100 zu kennen.

Ihr seid jetzt an der richtigen Stelle, am richtigen Ort, zur richtigen Zeit. Wir sind auf einem Sesshin, das heißt: ein Herz. Ein Herz meint erst einmal ein Herz mit euch selbst. Die erste Jhana-Stufe ist verbunden mit Einspitzigkeit, und bedeutet nach Dogen Zenji: „Versuche mit aller Macht, in den Zustand zu kommen, in dem kein Gedanke mehr aufkommt.“ Der erste Aspekt dieses Satzes von Dogen ist Yang, Anstrengung. Der zweite Teil ist aber der Zustand, der ist dann nicht mehr anstrengend. Dann entsteht aus dem Verweilen nach einer Zeit die zweite Jhana-Stufe wie von alleine.

Die zweite Jhana-Stufe bedeutet: Durch Nicht-Angestrengtheit in Leichtigkeit verweilen, durch achtsames Vertiefen entsteht Freude. Das ist ein Gesetz wie die Schwerkraft. Es gibt psychologische Gesetze, spirituelle Gesetze, physikalische Gesetze, chemische Gesetze. Das haben die alten Meister in den Jahrtausenden erfahren, dass immer hinter der Wolkendecke am Tag Sonne ist, immer. Jetzt zum Beispiel: die Wolkendecke löst sich extra für euch - Jetzt - auf. Diese Freude ist bedingt, sie ist abhängig. Wovon? Von der ersten Jhana-Stufe natürlich. Denn in dem Moment, in dem ihr in Freude sitzt, und ihr denkt: „oh, Freude“ ist sie weg. Ihr seid dann wieder in der ersten Ebene, und es geht wieder von vorne los. Angestrengt, fokussiert auf einen Punkt, bis der Zustand da ist, nicht zu denken. Das heißt für euch alle die jetzt diesen Weg Samadhi gehen wollen, geht es zu-nächst nur darum: „No thinking“, um jeden Preis. Das heißt, auch wenn die Knie weh tun, ich denke nicht. Die erste Jhana Stufe ist Einspitzigkeit, die zweite ist Freude. Die Freude entsteht von alleine, weil sie ein Teil des Wesens ist, der We-senseinheit.

Wenn ihr eine Zeit lang in dieser Freude verharrt, in dieser Tiefe, in dieser Leich-tigkeit verharrt, öffnet sich die dritte Jhana-Stufe und die ist Glückseligkeit. Die-se hat eine andere Qualität. Sie ist wie eine Fläche, weniger aufgeregt, dafür breit und strahlend. Der Unterschied zwischen der zweiten und ersten Jhana-Stufe, den kennen viele von euch schon, die länger dabei sind. Ich sitze morgens auf der Meditationsmatte, komme aus dem Nicht-Denken in die Stille und ein Lächeln ist in meinem Gesicht. Es klingelt an der Tür, ich stehe von der Mediati-onsmatte auf, der Postbote gibt mir ein Paket. Nach diesem Prozess ist die Freu-de weg. Da ich die Meditation unterbrochen habe, ist die Freude weg. Wenn ich in der dritten Jhana-Stufe sitze, der Dimension der Glückseligkeit, es klingelt an der Tür, ich stehe auf, ich gehe zum Postboten, dann wird er meine Freude se-hen und sagen: „Oh, sie sind heute aber gut drauf.“ Es strahlt also bei fortge-schrittenen Schülern bis zu 6 Stunden von einer Meditationsrunde in den Alltag hinein. Auch in das Chaos, in leidvolles Chaos hinein. Dieser Aspekt von Glückse-ligkeit ist nämlich nicht bedingt. Das heißt, ich kann auch unter extremen, unan-genehmen Bedingungen eine von unten kommende Helligkeit spüren. Glückse-ligkeit hat in einem gewissen Rahmen also einen ersten Hauch von Unbedingt-heit.

Wenn ihr eine Zeit lang in der dritten Jhana-Stufe meditiert habt, dann öffnet sich die vierte Jhana-Stufe. Die vierte Jhana-Stufe wird von Shakyamuni Buddha als sehr hoch gewertet und auch von vielen Meistern, sie ist Upekkha - Gelas-senheit.

Shakyamuni Buddha ist selber aus der vierten Jhana-Stufe in Nirwana gegangen. Ihr findet Upekkha auch im dritten Meilenstein des Daishin Zen als eine Farbe des Herzens. Ihr wisst, die Liebe hat drei Farben: Güte - Maitri, Mudita - Freude und Upekkha - Gelassenheit. In der vierten Jhana-Stufe passiert etwas. Ihr seid immer noch im System des Bedingten – noch. Ihr streift an dieser Stelle schon ein anderes Feld. Die Meister empfehlen, nur die vier Jhana-Stufen zu üben und folgende Regeln zu beachten. 1. Regel: Wenn ich diesen Weg gehe, ist es sehr wichtig, dass ich diesen Weg genau so zurückgehe. Das heißt, bin ich in Gelas-senheit, gehe ich in Glückseligkeit, von Glückseligkeit gehe ich in Freude, von Freude gehe ich in Einspitzigkeit, dann gehe ich raus. Komme ich bis zur dritten Stufe, gehe ich wieder von drei auf zwei, dann auf eins. Ihr spürt dabei auch die Qualität, wenn ihr die dritte Jhana-Stufe spürt, und ihr bewusst in die zweite geht, merkt ihr den Unterschied zwischen Freude und Glückseligkeit. Vor allem merkt ihr, wenn ihr aus der Einspitzigkeit wieder raus geht, umfängt euch eine gewisse Trauer, weil der Wahnsinn in eurem Kopf wieder tobt. Ihr erkennt auch, dass der Wahnsinn in uns, was auch immer, welches Gift, ob das Gier, Hass, Ag-gression, Angst, Unvollständigkeit oder Zweifel ist – es sind immer wir. Wir sind es. Es ist nicht das Außen. Wir sind diejenigen, wir sind die Architekten dieser Welt.

Die 2. Regel bezieht sich auf das Sitzen in der Zendo. Wenn jemand die Jhana-Stufen übt, ist es sehr wichtig, unendlich intensiv zu üben. Deshalb haben wir auf den Sesshins die Möglichkeit, aus dem Modus des gemäßigten Daishin Zen in das weniger gemäßigte Rinzai Zen zu wechseln. Das bedeutet, ihr könntet theoretisch – wenn ihr Lust habt – bis morgen in einem Stück durchsitzen. Das bedeutet, wenn Kinhin angesagt wird oder Pause ist, könnt ihr diese Pause igno-rieren. Ihr könnt weiter durchsitzen, das kann manchmal dienlich sein. Samadhi hat zwei Freunde, zwei Verbündete: erstens Müdigkeit, zweitens Schmerz. Wenn ihr sitzt und ihr sitzt bequem, dann ist es für den Geist leicht, Terror zu machen. Von den fünf Skandhas: Bewusstsein, Wille, Wahrnehmung, Gefühl und Körper, ist der Körper der Stärkste. Gefühl ist das Zweitstärkste. Wenn uns ein Gefühl übermannt, wie z. B. Aggression, Hass, dann sind wir das vollständig. Das ist das Problem. Der Körper ist ein prima Verbündeter, wir sind nicht schmerzensscheu. Wenn im Körper Schmerzen auftauchen und ihr tapfer in euerer Übung bleibt, dann bleibt das Denken auf der Strecke. In diese Kombination von Willenskraft, Sehnsucht und Übung in Verbundenheit mit dem Körper – dem spürenden, ge-erdeten, manchmal auch schmerzhaften – hineinzugehen, da ist die Chance. Ihr müsst es nicht übertreiben, es ist kein Selbstzweck. Das Ziel ist, mithilfe dieses Instrumentes in eine dieser Jhana-Stufen hineinzukommen. Wenn ihr nämlich in einem Zustand von schmerzhaft, konzentriertem, anstrengendem Sitzen in eine der Jhana-Stufen hineinkommt, ist der körperliche Schmerz von einer Sekunde auf die andere weg. Das ist eine sehr wichtige Erfahrung, weil ihr mit der Zeit, wenn ihr öfter solche Erfahrungen macht, auch den Körper durchschaut.

Die fünfte Jhana-Stufe gehört zu den überweltlichen Jhana-Stufen, sie ist die Er-fahrung der Raumunendlichkeit. Jetzt entsteht etwas aus diesem Sein, aus eurer Erfahrung heraus, das eine transpersonale Erfahrung ist, die Endlosigkeit des Raums und euer Bewusstsein sind identisch. Das ist eine sehr schöne Erfahrung.

Aus der Raumunendlichkeit entsteht die Erfahrung, dass Raumunendlichkeit - Akasha - letztlich reiner Geist ist. Das ist die sechste Jhana-Stufe - Bewusstsein-sunendlichkeit. Hier ist noch ein Hauch von Beobachter anwesend. Das Wahr-nehmen der Bewusstseinsunendlichkeit löst sich dann auf in die siebte Jhana-Stufe der Leerheit – ein Hauch von Nichts. Dies ist mehr als nur Bewusstsein. Shunyata – ein Begriff den man nur noch mit Negativbegriffen beschreiben kann: Abwesenheit von Ich, Abwesenheit von Zentrum, von Raum, von Zeit, von allen Dimensionen der Vergänglichkeit. Es ist ein Hauch dessen, was über Leben und Tod hinausgeht. Und die letzte Stufe ist die achte Jhana-Stufe von weder Wahrnehmen noch Nicht-Wahrnehmen. Da kommt ihr an eine Grenze wo kein ihr, kein ich, kein Betrachter mehr ist. Das ist eine Dimension, wo man – wenn man zurückkommt – eine Idee gewinnt, was Leerheit, was der Weg bedeutet.

Da die Möglichkeit der Verstrickungen in den überweltlichen Jhana-Stufen sehr hoch ist, ist es wichtig, am Anfang mit einer Herz-Meditation, Metta Meditation oder Amida Meditation zu beginnen, und genau so wieder raus zu gehen, wie man rein gekommen ist.

Dann wollen wir damit starten.

Auf in Samadhi.

 

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